Die schönsten Freeride-Abfahrten Tirols
Wildseeloder, hinteres Rendl, Mittagskogel … hinter scheinbar beliebigen Gipfelnamen verstecken sich die spektakulärsten Variantenabfahrten Tirols. Unser freerideerfahrener Autor hat die besten zusammengestellt. Schafft man es als Amateur, alle in einem Winter zu fahren?
Wenn es etwas gibt, wozu ich mich nicht aufraffen muss, dann ist es, im Winter früh morgens aufzustehen und in den Schnee zu fahren. Insofern wäre es Blödsinn, meine persönliche Sieben-Abfahrten-Challenge als Motivations-Übung zu begreifen – wie es mit Bucket-Lists ja oft so ist. Also verschwinde ich in den nächsten Wochen liebend gerne immer wieder und ohne genauen Rückkehrtermin nach Tirol, weil ich da leider noch dringend etwas zu erledigen habe: Die besten Freeride-Abfahrten Tirols in einer Saison durchzufahren.
Die Big 5
Schon bald nach den ersten Schneefällen der Saison zeigt sich, dass das Unterfangen deutlich komplexer ist, als ich gedacht hatte. Die Recherche ist noch schnell erledigt. Ich kompiliere einfach meine Lieblingsabfahrten in Tirol von Ost nach West. Dazu befrage ich Bekannte aus Tirol und den engeren Ski-Freundeskreis, in dem natürlich jeder seine eigene entsprechende Besten-Liste führt. Das Ergebnis überprüfe ich mit Hilfe verschiedener Blogs, Freeride-Guidebooks und Skitourenführer. Ich ende mit einer Siebener-Liste vom Wildseeloder in Fieberbrunn bis zum Winterklettersteig im hinteren Rendl, die mir eine gewisse Flexibilität erlaubt.
Was also ist die „Herausforderung“? Nun, im Durchschnitt braucht es eben mehr als einen Versuch, um eine Abfahrt gut zu erwischen. Das Wetter ist gerade im Frühwinter schwer vorherzusagen, und wenn es an geplanten Wochenenden einfach komplett durschneit, geht halt einfach nichts innerhalb eines vertretbaren Risikos. Deshalb hilft es in jedem Fall, auch einmal spontan starten zu können, wenn sich ohne viel Vorlauf ein Zwischenhoch ankündigt.
Wochenlanges Warten.
Sind die sieben überhaupt zu schaffen?
Und wenn aus einer Freeride-Abfahrt kein Kamikaze-Programm werden soll, reicht gutes Wetter ja noch nicht: Eine Lawinensituation, die es möglich macht, die einzelnen Abfahrten mit einem vertretbaren Risiko zu durchzuführen, lässt manchmal Wochen (oder sogar eine ganze Saison) auf sich warten. Und wenn in so einer Liste Runs dabei sind, die man vorher noch nie gemacht hat, plant man besser mindestens einen Erkundungs-Ausflug ein, um sich mit dem Gelände vertraut zu machen und vor Ort mit Gebietskennern zu sprechen und seine persönliche Erstabfahrt vorzubereiten.
Hey you! Safety first.
Ob ich meine Liste am Ende geschafft haben werde? Das verrate ich hier nicht einfach so. So viel aber schon: Das Projekt „Meine sieben Abfahrten“ wird mir einen der besten Winter meines Skifahrerlebens einbringen, ein paar spezielle Runs und besondere Momente, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Ich werde am Ende dieses Winters außerdem Experte darin sein, in letzter Minute Unterkünfte in der Nähe der beliebtesten Tiroler Wintersportgebiete zu finden (Tipp: einfach ein bis zwei Ortschaften außerhalb des „eigentlich“ angesteuerten Gebietes gucken!). Und außerdem ein großer Fan der lakonischen Unaufgeregtheit der Ärzte in der Notaufnahme im Krankenhaus St. Vinzenz in Zams.
Doch seht selbst!
...gar nicht erst auf meine Liste haben es trotz tirolweiter Beliebtheit übrigens die Innsbrucker Nordkette und die Variantenabfahren am Stubaier Gletscher geschafft. Bei der Nordkette wird es sich einfach nicht ergeben. Darüber hinaus führt der Druck durch die vielen sehr guten Freerider in der Stadt dazu, dass die Chancen, die Rinnen unterhalb der Hafelekarbahn als Münchner in halbwegs gutem Zustand zu erwischen, grundsätzlich einfach sehr klein sind. Am Stubaier Gletscher gibt es wiederum viele fantastische Möglichkeiten, die für mein Verständnis von „der einen“ großen Abfahrt aber entweder zu kurz oder für diese Bucket-List zu radikal sind. Und ‒ wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, wird es ahnen ‒ dem Kaunertal und Sölden muss ich wohl nächsten Winter noch einmal stellen...