Wir sind vom fach

Der Wanderweg herrlich, die Beine müde, die Hütte verlockend. Doch wie kann es sein, dass in Tirol überall etwas Warmes zu essen auf den Tisch kommt und die Betten stets frisch bezogen sind – wo doch überall Fachkräftemangel herrscht? Wir haben mit jungen Mitarbeitenden im Tiroler Gastgewerbe gesprochen, ob es jenseits von Boni und flexiblen Arbeitszeiten etwas gibt, das an ihrem Arbeitsplatz glücklich macht.

EVELYN ADELSBERGER
HOTELFACHKRAFT

An meinem Beruf mag ich, dass jeder Tag anders ist. Natürlich gibt es Routinen und festgelegte Abläufe, aber die Menschen, die man trifft, sind immer andere. Alle haben ihre eigenen Bedürfnisse und Ansprüche – und es gefällt mir schon immer gut, wenn ich den Gästen ihre verdiente Auszeit noch schöner gestalten kann. Dabei hilft mir, dass ich mir den Arbeitstag relativ flexibel einteilen kann. Das ist für das Gastgewerbe recht ungewöhnlich, aber bei uns im Hotel zeigt sich, dass mit einer guten Personalplanung vieles möglich ist. Teilzeitarbeitskräfte wie junge Eltern oder Studierende haben ja oft spezielle Ansprüche an die Arbeitszeiten: Die einen arbeiten gerne unter der Woche, die anderen haben nur am Wochenende oder abends Zeit. Durch unseren guten Personalmix können auch individuelle Wünsche berücksichtigt werden. Außerdem sind wir immer leicht überbesetzt. So kommt es eher selten vor, dass man an die eigenen Belastungsgrenzen kommt, und auch kurzfristige Ausfälle kann man kompensieren. Und wir haben mehr Zeit für die schönste Seite des Berufs: den persönlichen Kontakt mit Gästen.

DER ARBEITSPLATZ
Das Hotel Kaiser in Scheffau beschäftigt rund neunzig Mitarbeitende. Die Inhaberfamilie engagiert sich für attraktive Arbeitsbedingungen im Tourismus.

KLAUS KNERINGER
KOCH

Das Schlosshotel Fiss hat eigene Unterkünfte für das Team gebaut, in denen den Mitarbeitern eine kleine Wohnung mit Küche und eigenem Bad zur Verfügung steht. Außerdem dürfen wir die Annehmlichkeiten des Hotels nutzen, abends zum Beispiel das Schwimmbad oder auch jederzeit das Fitnessstudio. Die Beef-Club-Köche haben alle die Fünftagewoche. In einer Hotelküche ist das selten, weil man so insgesamt ein paar Leute mehr einstellen muss. Das Angebot des Hotels an die Mitarbeitenden ist also sehr gut.

Für mich ist es zudem entscheidend, mich persönlich weiterentwickeln zu können. Und diese Möglichkeit bietet mir das Schlosshotel. Zum einen, weil wir mit hochwertigen Produkten arbeiten und regelmäßig neue, außergewöhnliche Zutaten testen können. Hier kann ich wirklich als Koch arbeiten. Wenn ich morgens in die Küche komme, muss ich nicht erst mal Ware verräumen, sondern kann direkt mit dem Kochen beginnen. Zum anderen geht in der gehobenen Küche nichts über Erfahrung. Im Schlosshotel Fiss gibt man mir jeden Sommer die Chance, an andere Orten neue Erfahrungen zu sammeln. Letzten Sommer hatte ich so die Möglichkeit, nach Portugal zum Zweisternekoch Dieter Koschina zu gehen. Danach ist es schön, hierher zurückkommen und das Gelernte umsetzen zu dürfen.

DER ARBEITSPLATZ
Die Ansprüche an das Küchenteam im Beef Club sind hoch, schließlich hat man einen Ruf zu verlieren. Das Restaurant wurde mit vier Hauben ausgezeichnet und befindet sich im luxuriösen Schlosshotel Fiss.

BERNHARD SCHRAMM
HILFSHÜTTENWIRT

Mit 20 hätte ich diesen Job nicht gemacht und gemocht, glaube ich. Weil ich da noch zu sehr auf den Verdienst oder das Prestige geschielt hätte. Aber mit der Zeit lernt man, was einem wichtig ist. Und wie viele Leute kenne ich, die nur fürs Geld arbeiten, aber ihren Job überhaupt nicht mögen. Ich frage mich dann immer: Magst du lieber einen Batzen Geld haben oder die Arbeit genießen, die ja doch den Großteil des Lebens einnimmt? Als ich mich für die Regensburger Hütte beworben habe, war das auch kein klassisches Vorstellungsgespräch, in dem es um Position und Gehalt ging. Stattdessen bin ich mit Christian, dem Hüttenwirt, eine Skitour gegangen – da haben wir geschaut, ob wir überhaupt kompatibel sind. Hier oben ist man ja für fünf Monate die ganze Zeit unter einem Dach. Wenn das nicht funktioniert, kann man noch so viel Geld bekommen, das macht dann keinen Sinn. Aber beim Christian habe ich gemerkt: Da ist jemand, der sich voll reinhängt, der seinen Traum verwirklicht und der zu dir sagt: Ich bin für dich da, du kannst dich auf mich verlassen. Deshalb würde ich für ihn auch einen Baum ausreißen, weil ich weiß, dass es andersherum genauso wäre.

Als ich als Jugendlicher in den Bergen unterwegs war, habe ich die Hütten noch ein bisschen anders kennengelernt. Da gab’s noch keine warmen Duschen, und man war froh, wenn man eine Erbsensuppe serviert bekommen hat und jemand für einen da war. Man konnte den Hüttenwirt aber immer nach dem Wetterbericht fragen oder hat einen Tipp bekommen, welche Route man am besten nimmt, weil es irgendwo einen Steinschlag gab. Diese Erfahrung möchte ich gerne an unsere Gäste weitergeben. Ich habe es schon immer geliebt, in die Berge zu gehen. Dieser Moment, wenn man spürt, dass man dem Herrgott ein Stückchen näher ist. Und bei der Arbeit muss ich nur ab und zu aus dem Fenster schauen und sehe, wie nah wir dem Himmel hier oben auf der Hütte sind.

DER ARBEITSPLATZ
Die Neue Regensburger Hütte in den Stubaier Alpen liegt auf stolzen 2.286 Metern – ist aber trotz der Höhe bestens ausgestattet. Die Materialseilbahn bringt täglich frisches Gemüse, das für das rein vegetarische Menü verarbeitet wird.

FLORIAN NIGG
KELLNER

Die Diskussion um moderne Mitarbeiter-Benefits in der Gastronomie finde ich ehrlich gesagt oft ein wenig schwierig. Angebote wie Gleitzeit lassen sich nun mal schwer damit vereinen, dass zu bestimmten Zeiten jemand da sein muss, um die Gäste zu bedienen. Und die können ja auch nur kommen, wenn sie selbst frei haben. Insofern ist man einfach an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, insbesondere in einem kleinen Gasthaus wie unserem. Deshalb ist es mir umso wichtiger, dass bei den Arbeitgebern ein Bewusstsein dafür existiert, was die Menschen in der Gastronomie leisten. In vielen Betrieben geht das immer mehr verloren. Das ist auch der Grund, weshalb ich die Arbeit in der Gemse schätze: Der Gasthof wird bereits seit knapp 300 Jahren von der Familie Haueis geführt, mit der mich mittlerweile auch eine enge Freundschaft verbindet. Wir haben viele Stammgäste, die zu schätzen wissen, wie viel Herzblut in unserem Betrieb steckt. Und denen wichtig ist, dass wir mit hochwertigen und regionalen Zutaten arbeiten. Viele Produkte stammen aus eigener Landwirtschaft und aus eigener Jagd.

Persönlich finde ich es auch toll, dass nicht nur die Edelstücke auf der Karte landen, sondern zum Beispiel auch mal eine Leber. Die Wertschätzung für so etwas zu spüren, ist der Grund, weshalb ich in der Gastronomie arbeite. Wer das länger macht, entwickelt auch ein Feingefühl dafür, ob etwas ehrlich gemeint ist. Und ein Lob, das von Herzen kommt, macht selbst den größten Stress vergessen.

DER ARBEITSPLATZ
Der Postgasthof Gemse in Zams ist ein sogenannter Erbhof, was bedeutet, dass er seit knapp 300 Jahren in derselben Familie ist. Seine Wurzeln reichen aber noch weiter zurück, bis ins 8. Jahrhundert. Es wird sogar vermutet, dass die Gemse der älteste Gasthof Tirols sein könnte.